Weitergabe von Patientendaten durch medizinische Fachangestellte

| Recht

Einen wichtigen Grund, der es rechtfertigt, das Arbeitsverhältnis einer medizinischen Fachangestellten (Arzthelferin) außerordentlich zu kündigen, stellt die Pflichtverletzung ihrer arbeitsvertraglichen Verschwiegenheitsverpflichtung dadurch dar, sie Patientendaten an eine nicht berechtigte Person weitergibt.

Einen wichtigen Grund, der es rechtfertigt, das Arbeitsverhältnis einer medizinischen Fachangestellten (Arzthelferin) außerordentlich zu kündigen, stellt die Pflichtverletzung ihrer arbeitsvertraglichen Verschwiegenheitsverpflichtung dadurch dar, sie Patientendaten an eine nicht berechtigte Person weitergibt.


Die Schwere eines solchen Vertragsverstoßes kann eine Abmahnung der Fachangestellten entbehrlich machen, weil sich das Vertrauen des Arbeitgebers in die Diskretion der Fachangestellten nicht wiederherstellen lässt.


Die ärztliche Schweigepflicht gehört zu den unumstößlichen und am höchsten geschützten Rechtsgütern der ärztlichen Berufsausübung. Sie findet ihren Ursprung im Eid des Hippokrates: „Was ich bei der Behandlung oder auch außerhalb meiner Praxis im Umgang mit Menschen sehe und höre, das man nicht weiterreden darf, werde ich verschweigen und als Geheimnis bewahren.“    
Dieser Grundsatz ist in den jeweiligen Heilberufegesetzen der Länder verankert, und hat über § 9 der Musterberufsordnung (MBO) Eingang in die landesrechtlichen Berufsordnungen gefunden. Selbstverständlich kann der Regelungsbereich nicht beim Behandler selbst enden. Vielmehr muss er sich auch auf das von ihm angestellte Fachpersonal beziehen. So müssen nach § 9 Abs. 3 MBO-Ä Ärzte auch ihre Mitarbeiter über die gesetzliche Pflicht zur Verschwiegenheit belehren. Hierzu gehören sämtliche medizinische Fachangestellte (MFA), wie Arzthelfer(innen), Krankenschwestern, medizinisch-technische Assistenten, Pflegekräfte und Sprechstundenhilfen, nicht jedoch Reinigungskräfte.


Die arbeitsrechtlichen Konsequenzen unterliegen einer zweistufigen Prüfung:
a.    Liegt an sich ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung vor?
b.    Abwägung zwischen den Interessen des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers


Zu a. Das Gesetz kennt keine absoluten Kündigungsgründe. Vielmehr ist in jedem Einzelfall zu prüfen, ob der Sachverhalt geeignet ist, einen wichtigen Grund abzugeben. In der Regel erblicken die Landesarbeitsgerichte an sich einen wichtigen Grund in der Weitergabe von Patientendaten.


Zu b. Im Urteilsfall LAG Baden-Württemberg hatte eine MFA Name und zu untersuchenden Körperbereich der Patienten an ihre Tochter weitergeleitet, obwohl ihr dies aufgrund ihres Arbeitsvertrages ausdrücklich untersagt war. Hier nahm das LAG einen schwerwiegenden, nicht reparablen Vertrauensverstoß an. In einem Urteilsfall des LAG Berlin-Brandenburg hatte eine Krankenschwester einer Frühchen-Station ein sogen. Selfie mit einem später verstorbenen Frühchen angefertigt und bei Facebook gepostet. Hier nahm das LAG die Abwägung in der Weise vor, dass es forderte, dass der Arbeitgeber zunächst hätte abmahnen müssen. Die Arbeitnehmerin habe zwar gegen die Verschwiegenheit verstoßen, aber weder in böser Absicht gehandelt, noch seien Arbeitgeber oder Patient identifizierbar gewesen. Es sei anzunehmen, dass sie aufgrund einer Abmahnung derartige Verstöße unterlasse.  


LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 11.11.2016 – 12 Sa 22/16, rkr.


Vorinstanz: ArbG Mannheim – 1 Ca 437/16


GesR 2018, S. 59