Steuerfreiheit für Privatkliniken

| Steuern

Nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL befreien die Mitgliedstaaten „Krankenhaus-behandlungen und ärztliche Heilbehandlungen sowie damit eng verbundene Umsätze“ von der Umsatzsteuer. Handelt es sich bei dem Unternehmer, der ...

Nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL befreien die Mitgliedstaaten „Krankenhaus-behandlungen und ärztliche Heilbehandlungen sowie damit eng verbundene Umsätze“ von der Umsatzsteuer. Handelt es sich bei dem Unternehmer, der diese Leistungen erbringt, nicht um eine Einrichtung des öffentlichen Rechts ("Privatklinik"), sind diese Umsätze nur steuerfrei, wenn sie "unter Bedingungen, welche mit den Bedingungen für diese Einrichtungen in sozialer Hinsicht vergleichbar sind, von Krankenanstalten, Zentren für ärztliche Heilbehandlung und Diagnostik und anderen ordnungsgemäß anerkannten Einrichtungen gleicher Art durchgeführt beziehungsweise bewirkt werden“.  

Den BFH-Urteilen vom 23.10.2014 (V R 20/14), vom 18.3.2015 (XI R 38/13) und vom 23.1.2019 (XI R 15/16) folgend, entspricht die ab dem Jahr 2009 geltende nationale Regelung in § 4 Nr. 14 Buchst. b Satz 2 Doppelbuchst. aa UStG nicht den unionsrechtlichen Vorgaben. Der nationale Gesetzgeber habe den ihm insoweit eingeräumten Ermessensspielraum überschritten, weil die Regelung in § 4 Nr. 14 Buchst. b Satz 2 Doppelbuchst. aa UStG in Verbindung mit den §§ 108, 109 SGB V die Steuerfreiheit der Leistungserbringung in Privatkliniken unter einen sozialversicherungsrechtlichen Bedarfsvorbehalt stellt, der mit dem Unionsrecht nicht vereinbar sei.  

Da der deutsche Gesetzgeber sein Ermessen nur insoweit überschritten hat, als er den Abschluss eines solchen Vertrages gemäß § 109 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB V (ebenso wie die Aufnahme in den Krankenhausplan) unter einem Bedarfsvorbehalt gestellt und damit den Neutralitätsgrundsatz verletzt hat, sieht die Neufassung des § 4 Nr. 14 Buchst. b Satz 2 Doppelbuchst. aa UStG auch eine Begünstigung von Krankenhäusern vor, die die Voraussetzungen für die Aufnahme in den Krankenhausplan nach § 108 Nummer 2 SGB V oder den Abschluss eines Versorgungsvertrags nach § 108 Nr. 3 SGB V – unter Außerachtlassung der Einschränkung durch den Bedarfsvorbehalt – erfüllen.  

Für die Steuerbefreiung dieser Krankenhäuser ist damit die Einhaltung der in den §§ 108 f. SGB V genannten Kriterien der Leistungsfähigkeit (personelle, räumliche und medizinisch-technische Ausstattung im Sinne des § 109 Abs. 3 SGB V) und der Wirtschaftlichkeit (angemessenes Kosten-Leistungs-Verhältnis im Sinne des § 2 Abs. 4 und des § 12 Abs. 1 SGB V) entscheidend.  

Die Voraussetzungen für die Zulassung nach § 108 SGB V – einen entsprechenden Bedarf vorausgesetzt – gelten als erfüllt, wenn das Leistungsangebot dieser Krankenhäuser den von Krankenhäusern in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft oder nach § 108 SGB V zu-gelassenen Krankenhäusern erbrachten Leistungen entspricht und die Kosten in erheblichem Umfang von Krankenkassen oder anderen Einrichtungen der sozialen Sicherheit übernommen werden.  

Von einer Kostenübernahme in erheblichem Umfang ist auszugehen, wenn im vorangegangenen Kalenderjahr mindestens 40 Prozent der jährlichen Belegungs- oder Berechnungstage auf Patienten entfallen sind, bei denen für die medizinisch indizierten Krankenhausleistungen kein höheres Entgelt als für allgemeine Krankenhausleistungen nach dem Krankenhausentgeltgesetz oder der Bundespflegesatzverordnung berechnet wurde oder im vorangegangenen Kalenderjahr mindestens 40 Prozent der Leistungen den in § 4 Nr. 15 Buchstabe b UStG genannten Personen zugutegekommen sind. Medizinisch nicht indizierte Krankenhausleistungen sind nicht Teil der Vergleichsmenge (vgl. BFH-Urteil vom 23.1.2019, XI R 15/16). In Fällen, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit im Laufe eines Kalenderjahres neu aufnimmt, ist allein auf die voraussichtliche Einhaltung der 40-Prozent Grenze im laufenden Kalenderjahr abzustellen. Im Gegensatz dazu ist bei bestehenden Unternehmen auf die Verhältnisse des Vorjahres abzustellen.  

Die Neuregelung ist ab dem 1.1.2020 anwendbar. 

BFH, Urteil vom 23.01.2019, Az.: XI R 15/16 

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