Patientenbezogene Plausibilitätsprüfung: Vorabeinlesung der Versichertenkarte / Schätzungsermessen

Das Sozialgericht (SG) Marburg weist darauf hin, dass das Einlesen und Speichern der Daten der Krankenversichertenkarte vor Erbringung einer Leistung (Vorabeinlesung) im Rahmen einer Praxisgemeinschaft, ein deutliches und kaum zu widerlegendes Indiz für das Vorliegen einer tatsächlichen Berufsausübungsgemeinschaft (Gemeinschaftspraxis) ist, wenn es nicht nur in ganz vereinzelten Fällen vorkommt.

Das Sozialgericht (SG) Marburg weist darauf hin, dass das Einlesen und Speichern der Daten der Krankenversichertenkarte vor Erbringung einer Leistung (Vorabeinlesung) im Rahmen einer Praxisgemeinschaft, ein deutliches und kaum zu widerlegendes Indiz für das Vorliegen einer tatsächlichen Berufsausübungsgemeinschaft (Gemeinschaftspraxis) ist, wenn es nicht nur in ganz vereinzelten Fällen vorkommt.


Zwei Fachärzte für HNO betreiben eine Praxisgemeinschaft. Die KV ermittelte für zwei Quartale aufgrund von patientenbezogenen Plausibilitätsprüfungen der Honorarabrechnungen mit Hilfe eines Praxisabgleichs, dass der Anteil gemeinsamer Patienten 25,95 % und 27,43 % betrug. Dagegen klagten die Ärzte und machten geltend, dass der Anteil gemeinsam behandelter Patienten unter der Grenze von 20% liege.
In diesem Fall kann nach Ansicht des SG ein Schätzungsermessen auch unter die Grenze von 20 % gemeinsamer Fälle ausgeübt werden, wenn wie hier Vertretungen bei stundenweiser Abwesenheit des Gemeinschaftspraxispartners und insbesondere in größerem Umfang Vorabeinlesungen erfolgt sind.


Es konnte somit offenbleiben, ob mit dem Urteil des Landessozialgerichtes Hessen vom 30.11.2016 (L 4 KA 22/14), es ausreicht, dass die Kassenärztliche Vereinigung in ihre Ermessenserwägungen bei einer Honorarberichtigung im Rahmen einer patientenbezogenen Plausibilitätsprüfung die Größenordnung der gegenseitigen Vertretung von unter 10% im Fachgruppendurchschnitt in Hessen einstellt und dieser Wert mit der Kürzung nicht unterschritten wird.

SG Marburg, Gerichtsbescheid v. 10.08.2017 - S 12 KA 136/17 WA